Seit über 100 Jahren sprudeln am Westufer des Tegernsees Deutschlands stärkste und heilkräftigste Jod-Schwefel-Quellen. Entdeckt hat sie 1909 der niederländische Bergbauingenieur Adriaan Stoop, der eigentlich nach Erdöl bohrte. Das zunächst mit Skepsis beäugte „stinkende“ Heilwasser und die weitsichtigen Investitionen Stoops machten aus dem Dorf Wiessee bald einen international florierenden Kurort, in dem selbst Könige kurten.
Der Spaziergang begibt sich auf die historischen Spuren des Jod-Schwefel-Wassers und stellt literarische Werke vor, die auf die bemerkenswerte und abwechslungsreiche Geschichte des Kurbades hinweisen. Er ist einer von insgesamt
zwölf Tegernseer LiteraTouren (TELITO), welche den reichen Literaturschatz der Region erlebbar machen.
Digital auf Spuren des Schwefelwassers
Am Start des Spazierganges am Jod-Schwefelbad steht eine Infotafel. Interessierte Spaziergänger, die dort mit ihrem Smartphone den QR-Code scannen, erfahren an elf Stationen digital allerhand Wissenswertes rund um die Geschichte Bad Wiessees als Gesundheitsstandort: vom ersten Fund einer Ölquelle durch Mönche des mittelalterlichen Klosters, die das nach dem Schutzheiligen benannte „Quirinusöl“ samt Beipackzettel in die ganze Welt verschickten; über die ersten Erdölbohrungen Anfang des 20. Jahrhunderts, die sich nicht als effizient erwiesen, aber etwas viel besseres zutage förderten: die stärksten Jod-Schwefel-Quellen Deutschlands. Bis hin zu den Persönlichkeiten, die maßgeblich die Geschicke des Ortes beeinflussten: Adriaan Stoop, Entdecker der Jod-Schwefel-Quellen, und André Driessen, langjähriger Direktor des Jodschwefelbades.
Architektur von Degano bis Thun
Vorgestellt werden anhand literarischer Texte auch zwei familiengeführte Hotels, deren Geschichte eng mit der des Jod-Schwefelbades verknüpft ist: Hotel Askania und Hotel Rex. Und schließlich die drei Quellen, aus denen das Öl sprudelt, sowie die Geschichte der Gebäude rund um das historische Jod-Schwefelbad Adriaan Stoops und das neue, nach Plänen von Matteo Thun im Jahr 2020 eröffnete Badehaus.

Historisch Bedeutsames erlebbar gemacht
Auch geschichtlich hat der Spaziergang einiges zu erzählen: von der langjährigen Ära des Bades als niederländische Enklave mitten in Bayern über die „Lange Nacht der Messer“, die als „Röhm-Putsch“ in die Geschichte des Nationalsozialismus eingegangen ist, bis hin zu Festtagsschriften und Theaterstücken, die anhand diverser Jubiläen des Heilbades verfasst und aufgeführt wurden.
Familienfreundlich und barrierefrei
Die 4,2 Kilometer lange, barrierefreie LiteraTour beginnt vorm Eingang des neuen Badehauses, wo auch eine auch Büste Adriaan Stoops steht, und endet nach einem Fußweg von etwa einer Stunde wieder an den beiden Quellen gegenüber des Jod-Schwefelbades, wo sich der Kreis schließt.
Ein Projekt der Erinnerungskultur
Das Projekt TELITO ist eine Kooperation der Urlaubsregion DER TEGERNSEE mit der Universität Augsburg und dem Literaturschloss Edelstetten sowie weiteren Partnern, zu denen auch das Jod-Schwefelbad gehört. Gefördert wird das Literaturprojekt durch das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) im Rahmen vom „Bundesprogramm ländliche Entwicklung (BULE)“ mit dem Ziel, langfristig die Wohn-, Arbeits- und Lebensräume im ländlichen Raum attraktiver zu gestalten. Es dient der Nachhaltigkeit, Erinnerungskultur und Stärkung der kulturellen Identität im ländlichen Raum und macht zugleich Kultur digital erlebbar. Der Spaziergang zum Jod-Schwefelbad wurde von der promovierten Münchner Literaturwissenschaftlerin Ingvild Richardsen entwickelt.
Weitere Informationen zu den zwölf Spaziergängen unter: www.tegernsee.com/telito