Herr Dr. Hartl, als Leiter des Instituts für Ökomedizin an der Paralcelsus Medizinischen Privatuniversität haben Sie die „Jungbrunnen-BERG-Studie“ 2016 umgesetzt. Was wurde dabei untersucht?
Das ist eine klinische Studie, die innerhalb des EU-Projektes Trail for Health Nord durchgeführt wurde. Das Institut für Ökomedizin untersuchte bei 140 Menschen zwischen 65 und 85 Jahren, wie sich eine Woche Bergwandern in Kombination mit Heilwasser-Baden auswirkt im Vergleich zu einem gleichlangen touristischen Busurlaub.
Was beinhaltete das Studienprogramm für die Teilnehmenden?
Die Studienteilnehmenden waren täglich Bergwandern und anschließend Heilbaden: Eine Gruppe wanderte und badete in Jod-Schwefelwasser (Bad Wiessee), die zweite wanderte und badete in Alpensole (Bad Reichenhall) und die dritte Gruppe wanderte und badete in Natrium-Kalzium-Chlorid-Sulfat-Mineralwasser (Abtenau im Tennengau). Das alles im Vergleich zu einer Kontrollgruppe, die einen „Standardurlaub“ ohne Baden und Wandern machte.
Und was haben die Teilnehmenden bei uns am Tegernsee gemacht?
Während die Busurlaubs-Gruppe täglich Ausflüge zu Sehenswürdigkeiten machte, überwand die Bergwander-Gruppe eine Woche lang durchschnittlich 500 Höhenmeter pro Tag. Kombiniert wurde das Wandern mit 20-minütigem Heilbaden im Bad Wiesseer Jod-Schwefel-Wasser. Das Bad in dem basischen Heilwasser wirkt entsäuernd, fördert die Regeneration und entspannt die Muskulatur.
Was waren die persönlichen Rückmeldungen der Studienteilnehmenden, die bei uns das Studienprogramm erlebt haben?
Es waren ausnahmslos zufriedene Studienteilnehmende, die von lang anhaltender Verbesserung der Lebensqualität und „nachhaltiger“ Freude an der Bewegung in den Bergen berichteten.
Anschließend an das Programm gab es nach 60 und nach 180 Tagen Nachuntersuchungen, um auch langfristige Veränderungen nachweisen zu können. Was haben Sie hierbei herausgefunden?
Die positiven gesundheitlichen Effekte des Bergwanderns übertrafen jene des Busurlaubs bei weitem – und waren Wochen später noch messbar. Untersucht wurde unter anderem, wie sich körperliche Bewegung auf Prozesse der Immunalterung auswirkt. Der Hintergrund: Ein altes Immunsystem kann auf neue Bedrohungen wie zuletzt durch Coronaviren, viel weniger gut reagieren als das Immunsystem jüngerer Menschen. Diesem Prozess lässt sich mit körperlicher Aktivität nachhaltig entgegensteuern.
Neben Bad Wiesse, wurden auch die Regionen Bad Reichenhall und Abtenau im Tennengau untersucht. Wie unterscheiden sich unsere Ergebnisse von den anderen Regionen?
Nur bei der Gruppe, die rund um Bad Wiessee wanderte und im Jod-Schwefel-Wasser badete, wurde darüberhinaus das Immunsystem aktiviert und die Fressaktivität wichtiger Immunzellen gesteigert. Zusätzlich wurde ein Anstieg bei den „naiven zytotoxischen T-Zellen“ beobachtet. Diese sind notwendig, um auf unbekannte Erreger und Krebszellen reagieren zu können.
Und was war ihr persönliches Highlight im Studienverlauf?
In allen Gruppen verbesserte sich innerhalb von nur 7 Tagen die Gedächtnisleistung. Eindrucksvoll war, dass die Bergwander-Gruppe deutlich besser bei Gleichgewicht und Balance abschnitt als die Busurlaubs-Gruppe. Gerade im Alter, wenn die Sturzneigung ein großes Unfallrisiko darstellt, ist das ein erheblicher Vorteil.